Der Beweis steckt im Bollen
Projektupdate
Veröffentlichungsdatum: 18. März 2024
Teil des Projekts
Powering local prosperity through green growth
Powering local prosperity through green growthDer Beweis steckt im Bollen
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Powering local prosperity through green growth
Powering local prosperity through green growthVeröffentlichungsdatum: 18. März 2024
Pilzzucht mit Elefantendung treibt die ländliche Entwicklung voran
[Nanyuki, Kenia] Wir denken selten darüber nach, wie unser Essen angebaut wird – Hauptsache, es sieht gut aus und schmeckt noch besser. Aber was, wenn wir sagen würden, dass einige der schmackhaftesten Pilze auf Elefantendung als Substrat wachsen? Ja, wirklich. Bewohner*innen der halbtrockenen Gemeinschaftsschutzgebiets Naibunga im County Laikipia in Kenia testen derzeit eine neue Methode zum Anbau von Austernpilzen – eine Kulturpflanze, die in ihrer traditionell fleischreichen Ernährung bisher kaum vorkam. Bei dieser innovativen Anbaumethode verwenden sie anstelle von Erde behandelten Elefantendung, der grösstenteils aus halbverdauter Pflanzenmasse besteht. Das Dungsubstrat ist reich an Nährstoffen, sodass zusätzliche Düngemittel nicht nötig sind.
Die Aufbereitung des Elefantendung-Substrats ist einfach, aber zeitaufwendig. Zuerst wird der getrocknete Elefantendung gesammelt und sortiert, anschliessend wird er 24 Stunden lang in Wasser eingeweicht, um das Substrat von anderen Bestandteilen zu trennen. Danach folgt die Pasteurisierung durch Dampf, die mit lokal verfügbaren Materialien durchgeführt wird, zum Beispiel einem grossen Metallfass. Dieses wird mit Wasser befüllt und über ein Feuer gestellt, um Dampf zu erzeugen. Der eingeweichte Dung wird darüber platziert, abgedeckt und vier Stunden lang gedämpft. Dieser Prozess tötet unerwünschte Mikroorganismen ab. Danach wird das Substrat abgekühlt, bevor die Pilzbrut hinzugefügt wird. Anschliessend werden die Pilze ins „Mushroom House“ gebracht, wo Licht und Luftfeuchtigkeit konstant gehalten werden, damit sie optimal wachsen. Nach 21 bis 28 Tagen sind die Pilze erntereif.
Diese Anbaumethode war 13 Jahre in der Entwicklung und wurde nun dank einer Partnerschaft zwischen der Wyss Academy for Nature, den Nationalmuseen von Kenia (NMK) und der lokalen Gruppe Green Earth Warriors Realität.
Antony Wandera, Projektmanager am Hub Ostafrika der Wyss Academy for Nature und Ideengeber, berichtet:
„Bei meiner Arbeit im Feld und in verschiedenen Projekten rund um Nashörner und Elefanten habe ich mich gefragt, ob es nicht nur ein Thema sein könnte, den Naturschutz zu bearbeiten, sondern auch die Ernährungssicherheit der Gemeinschaften, mit denen wir zusammenarbeiten. Also habe ich einigen Organisationen die Idee vorgeschlagen, Pilze auf dem reichlich vorhandenen Elefantendung anzubauen, aber es kam nichts dabei heraus, bis ich zur Wyss Academy kam. Hier wurde die Idee begeistert aufgenommen. Unsere Partnerschaft mit den NMK, die ebenfalls das Potenzial erkannt haben, ist nun ein entscheidender Faktor für den Erfolg des Projekts.“
Das Pilzprojekt begann mit einer gemeinsamen Basisstudie zur Biodiversität der Wyss Academy und der NMK im August 2023. Sie sollte das Potenzial der Pilzzucht als nachhaltige lokale Einkommensquelle bestimmen, die Eignung von Elefantendung als Substrat für den Pilzanbau überprüfen und die Austernpilze als geeignete Sorte für Versuchsanbau und Konsum identifizieren.
Victor Otieno, leitender Forscher mit Spezialisierung auf Mykologie (Pilzkunde) an den NMK, meinte: „Dreizehn Jahre sind eine lange Zeit, um so einen Traum zu haben – man stelle sich meine Freude vor, nun Teil davon zu sein, ihn zu verwirklichen! Nach 15 Jahren in der Pilzbranche war mir klar: Das ist machbar – und skalierbar.“
Zu den wissenschaftlichen Auswirkungen des Projekts sagte Otieno weiter: „Als Wissenschaftler war ich sehr neugierig, wie Elefantendung als Substrat funktioniert – und ich bin glücklich zu berichten, dass der Versuch schon beim ersten Mal erfolgreich war: Nach 21 Tagen konnten wir ernten. Mittlerweile hat sich der Projektfokus erweitert – wir entwickeln nun auch einen Biodiversitätsindex der Pilze in dieser Region, da es bisher keine Literatur zu Pilzen aus Laikipia gibt. Wir sind gespannt, wie viel wir noch lernen können.“
Taking it to the community
Taking it to the community
Mit den Folgen des Klimawandels sind die Lebensgrundlagen und die Ernährungssicherheit dieser und ähnlicher Gemeinschaften von Viehhalter*innen stark beeinträchtigt. Wenn die Zahl der Nutztiere sinkt, gehen auch die Nahrungsmittelreserven und die durch den Verkauf der Tiere erzielten Einkommen zurück. Deshalb ist klimaintelligente Landwirtschaft – in diesem Fall die Pilzzucht – eine nachhaltige Quelle sowohl für den Lebensunterhalt als auch für die Ernährungssicherheit.
Ganz im Sinne der Mission der Wyss Academy standen die Beteiligung der Gemeinschaft und ihre Mitverantwortung im Zentrum dieses Projekts. Es reichte nicht, nur die Pilze einzuführen, sondern es musste auch ihr Wert im Hinblick auf Ernährung und Einkommensmöglichkeiten aufgezeigt werden. Deshalb wurden Schulungen entlang der gesamten Produktions- und Wertschöpfungskette der Pilzzucht durchgeführt, dabei lag ein besonderer Fokus auf Frauen. Die Green Earth Warriors führten diese Initiative mit Unterstützung der Wyss Academy und der Nationalmuseen von Kenia durch. Innerhalb von weniger als sechs Monaten haben sie mindestens 25 Frauen in Pilzzucht geschult. Passenderweise nennen sie sich selbst „Mushroom Women Group“. Die Mitglieder sind nun mit der Sammlung und Aufbereitung des Elefantendung-Substrats ebenso vertraut wie mit der Kultivierung, Lagerung, Verarbeitung und Zubereitung der Pilze. Zusätzlich haben sie gelernt, wie sie Gemüsegärten anlegen und pflegen können. Diese Gärten erweitern nicht nur die Ernährungspalette und verbessern die Nährstoffversorgung, sondern nutzen auch effizient die knappen Wasserressourcen und fügen sich in die kleinen Flächen rund um die Gehöfte ein.
Susan Kabacia, Wissenschaftlerin bei den Nationalmuseen von Kenia (NMK), betonte die potenziellen finanziellen Vorteile und die Gesamtwirkung des Projekts: „In der Gemeinschaft entwickelt sich ein ausgeprägter Geschäftssinn, was ermutigend ist, denn unser Ziel ist es, das Pilzprojekt kommerziell tragfähig zu machen. Zum Beispiel hat die Gemeinschaft in einen Solartrockner investiert. Das bedeutet, dass sie nicht nur frische Pilze konsumieren, sondern überschüssige Ernten trocknen und verkaufen können.“
Sie fügte hinzu: „Es gibt auch die Motivation, dieses neu erworbene Wissen und diese Fähigkeiten an Frauen in benachbarten Gemeinschaften weiterzugeben. Das fördert Zusammenhalt und Einigkeit – ein Gewinn für die gesamte Entwicklung in der Region. Letztlich erwarten wir mehr Toleranz gegenüber Elefanten und hoffentlich weniger Konflikte, da ein gemeinsames Bedürfnis nach und eine gemeinsame Nutzung von Ressourcen für die Entwicklung entsteht.“
Elizabeth Kuraru, Gender-Vertreterin der Green Earth Warriors, berichtete, dass die „Mushroom Women“ ein neues Gefühl von Stolz und Erfolg verspüren – besonders vor dem Hintergrund, dass ihre Kultur von Männern geprägt ist. Sie sagte: „Meine Hauptaufgabe bei der Arbeit mit Frauen ist es, mich für ihre Stärkung einzusetzen – und dieses Projekt hat genau das erreicht. Die Frauen sind glücklicher, sie fühlen sich produktiver und leisten einen direkten Beitrag zur Gesundheit und zum Wohlbefinden ihrer Familien. Man darf nicht vergessen, dass dies eine patriarchale Gemeinschaft ist. Die Möglichkeit, neue Fähigkeiten zu erlernen und anzuwenden, bringt diese Frauen der Gleichstellung mit den Männern näher. Und nicht nur das – sie werden nun für ihre Arbeit bezahlt und tragen damit direkt zu den Haushaltsfinanzen und den Entscheidungen über Ausgaben bei.“
Kuraru schloss: „Indem wir direkt mit der Gemeinschaft arbeiten, stellen wir sicher, dass das Projekt lange weiterbesteht, auch nachdem wir uns zurückgezogen haben. Genau darin liegt echte Nachhaltigkeit.“
Team
- Projektkontakt
Projektkontakt
Sheila Funnell
Head of Innovation and Impact