Symposium: Die parallelen Arbeitssitzungen

Projektupdate

Veröffentlichungsdatum: 1. Oktober 2022

Autor: Pascale Amez

Teil des Projekts

Symposium

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Symposium: Die parallelen Arbeitssitzungen

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Veröffentlichungsdatum: 1. Oktober 2022

Was die parallelen Arbeitssitzungen an Erkenntnis brachten

Das erste Symposium der Wyss Academy hat uns viele wertvolle Erkenntnisse geliefert, die für die Arbeit unserer Organisation von Bedeutung sind. Hier folgt ein Überblick über die Ergebnisse aus den parallelen Arbeitssitzungen – und darüber, was wir gelernt haben, um zukünftige Veranstaltungen dieser Art noch besser zu gestalten.

Die parallelen Arbeitssitzungen (morgens) 

Drei parallele Arbeitssitzungen hatten zum Ziel, unser Systemverständnis in Bereichen zu vertiefen, die für unsere Arbeit relevant sind. Über alle Sitzungen hinweg klang eine zentrale Botschaft an: Es ist notwendig, eine breite Vielfalt von Akteur*innen in die gemeinsame Entwicklung von Lösungen einzubeziehen. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse jeder Sitzung:

1. Komplexität annehmen, um transformativen Wandel zu ermöglichen

Diese Sitzung brachte unterschiedliche Ansätze und Erfahrungen zusammen, wie komplexe Herausforderungen in der Praxis angegangen werden können.

Ergebnisse:

  1. Damit echter transformativer Wandel gelingt, müssen Menschen, die von einer Herausforderung betroffen sind oder in sie involviert sind, in den Prozess der Lösungssuche einbezogen werden.

  2. Komplexe Themen erfordern eine Vielfalt an Perspektiven, um wirksam bearbeitet werden zu können.

  3. Wissenschaftliche Modelle zum Verständnis komplexer Herausforderungen sollten, wo möglich, durch Praxisbeispiele aus der realen Welt ergänzt werden.

2. Synergien zwischen Naturschutz und menschlichem Wohlergehen identifizieren und verstärken

Diese Sitzung griff die unterschiedlichen Perspektiven der Teilnehmenden auf, um eine zentrale Fragestellung der Wyss Academy for Nature zu beleuchten: Wie finden wir Lösungen für unsere Umweltprobleme, die Vorteile für Natur und Menschen haben?

Ergebnisse:

  1. Ansätze, die sowohl der Natur als auch dem menschlichen Wohlergehen zugutekommen, sind der Schlüssel zu wirklich nachhaltiger Entwicklung.

  2. Wissenschaft muss so betrieben werden, dass sie näher an den Menschen ist, denen sie dienen soll.

  3. Instrumente, mit denen sich Synergien zwischen Naturschutz und menschlichem Wohlergehen erkennen lassen, sollten weiterentwickelt werden.

  4. Da nur begrenzt Zeit zur Verfügung steht, müssen bestehende Instrumente genutzt werden – jedoch auf eine Weise, die ihre Grenzen berücksichtigt.

  5. Es braucht mehr Wissen darüber, wie positive Kipppunkte verstärkt und beschleunigt werden können.

3. Living Labs als Katalysatoren für Wege zum transformativen Wandel

Diese Sitzung beschäftigte sich mit der Frage, wie sogenannte Living Labs (Reallabore) am besten genutzt werden können. Diese bieten die Möglichkeit, ein systemisches Verständnis sozialer und ökologischer Herausforderungen gemeinsam zu erarbeiten. Darüber hinaus können sie genutzt werden, um Innovationen kollektiv zu entwickeln, in der Praxis zu testen, ihre Ergebnisse zu bewerten und sie in Wissenschaft, Politik und Praxis zu übertragen.

Ergebnisse:

  1. Da in einem komplexen System nichts perfekt ist, müssen unterschiedliche Ansätze getestet sowie überprüft und aus ihnen Lehren gezogen werden, um positive Ergebnisse zu erzielen.

  2. Ungleiche Machtverhältnisse zwischen Akteur*innen sollten dahingehend berücksichtigt werden, als sichere Räume für Dialog geschaffen und inklusive, Vielfalt einbeziehende Prozesse verfolgt werden.

  3. Wir müssen gegenüber den Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten, den Mut zu unbequemen Fragen finden.

  4. Ziele und Visionen für Transformation müssen ehrgeizig sein.

More information on the sessions

Sitzung 1: Komplexität annehmen für transformativen Wandel

Die zunehmende Komplexität der gekoppelten sozio-ökologischen Systeme (SES) unserer Welt stellt eine grosse Herausforderung für den dringend benötigten transformativen Wandel hin zu Nachhaltigkeit dar. Es ist unmöglich, die Komplexität dieser dynamischen, verschachtelten und voneinander abhängigen Systeme vollständig zu verstehen. Zudem verändert sich auch unser Verständnis – es ist abhängig vom Blickwinkel, den wir wählen, von den Fragen, die wir stellen, und von den Interessen, die wir verfolgen. Wenn Wissen der Schlüssel zur Navigation von Systemtransformationen im Hinblick auf menschliches Wohlergehen und die Integrität von Ökosystemen ist, müssen wir mit Wissen arbeiten, das von Natur aus unvollständig, fragmentiert und teilweise umstritten ist.

In den letzten Jahrzehnten gab es grosse Fortschritte beim Umgang mit der Komplexität von SES: in Systemdenken, Theorien komplexer Systeme, dynamischer Systemmodellierung und partizipativen Ansätzen. Diese Fortschritte sind jedoch bisher nur begrenzt in praktische Ansätze, Methoden und Werkzeuge eingeflossen, um mit der Komplexität von SES umzugehen.

Ziel dieser Sitzung war es, unterschiedliche Ansätze und Erfahrungen in Bezug darauf zusammenzubringen, wie Komplexität praktisch angegangen und für Wissensdiplomatie und Entscheidungsfindung genutzt werden kann. Auf dieser Grundlage wollten wir gemeinsam an einem Werkzeugkasten und an Prinzipien für dessen Nutzung arbeiten. Auf diese Weise sollte in Einklang gebracht werden, dass ein Bedürfnis existiert, die zentralen Merkmale von Komplexität zu erfassen, und gleichzeitig die Notwendigkeit besteht, Wissen zu vereinfachen und für Verhandlungen und Entscheidungsprozesse zugänglich zu machen.

Sitzung 2: Synergien zwischen Naturschutz und menschlichem Wohlergehen identifizieren und verstärken

Seit der industriellen Revolution gehen Bevölkerungswachstum und steigender Wohlstand mit zunehmender Ausbeutung natürlicher Ressourcen und Umweltzerstörung einher. Im Kontext von Entwicklungsländern wird häufig ein „Umweltparadox“ beobachtet, bei dem das menschliche Wohlergehen auf Kosten der Umweltqualität steigt. Parallel dazu haben viele Länder mit reichlich natürlichen Ressourcen nicht die erwartete soziale und wirtschaftliche Entwicklung gezeigt – oft aufgrund einer ungleichen Ausbeutung dieser Ressourcen durch Eliten in einer zunehmend globalisierten Welt: ein Phänomen, das auch als „Ressourcenfluch“ bekannt ist.

Jede Vision für eine nachhaltigere Zukunft muss daher die Frage aufgreifen, ob und wie sich Verbesserungen des menschlichen Wohlergehens von negativen Umweltauswirkungen entkoppeln lassen. Der Schlüssel für nachhaltige Entwicklung wird deshalb in langfristig wirksamen Ansätzen liegen, die Naturschutz und Renaturierung ermöglichen und gleichzeitig das Leben der Menschen dort verbessern, wo es am dringendsten nötig ist.

Ist menschliche Entwicklung zwangsläufig mit dem Verlust von Natur verbunden – oder lässt sich dieser Teufelskreis in einen positiven Kreislauf verwandeln? Die Zielkonflikte sind bekannt. In dieser Sitzung wurden wissenschaftliche Belege für Synergien zwischen Naturschutz und menschlichem Wohlergehen bewertet. Auf konkreten Beispielen aufbauend sollten zudem einerseits mögliche Herausforderungen beim Hochskalieren solcher Ansätze herausgearbeitet werden. Andererseits ging es um die Frage nach positiven Kipppunkten, die eine breitere und schnellere Umsetzung nachhaltiger Praktiken und Naturschutzstrategien ermöglichen.

Sitzung 3: Living Labs als Katalysatoren für Wege zum transformativen Wandel

Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen weisen auf die dringende Notwendigkeit hin, Wege zur Transformation der aktuellen Mensch-Umwelt-Systeme zu entwickeln – in den Bereichen Ernährung, Energie, Wirtschaft oder Stadtentwicklung. Aufgrund der komplexen, systemischen und oft umstrittenen Natur dieser Probleme brauchen wir völlig neue Formen von Lösungen und Ansätzen. Relevant ist das insbesondere im Kontext der Umsetzung der Agenda 2030, des Pariser Klimaabkommens und des Übereinkommens über die biologische Vielfalt.

In den letzten Jahren sind verschiedene Ansätze entstanden – darunter Transformation Labs, Social Innovation Labs oder Living Labs –, die versucht haben, die Trennung zwischen Forschung, Politik und Praxis zu überwinden. Trotz ihrer Unterschiede haben sie gemeinsam, dass sie Transdisziplinarität nutzen. Dadurch soll gemeinsam erreicht werden, ein systemisches Verständnis sozio-ökologischer Herausforderungen zu entwerfen, Innovationen zu entwickeln, diese im Alltag der Menschen zu testen, die Ergebnisse auszuwerten und sie für Wissenschaft, Politik und Praxis nutzbar zu machen.

Diese Sitzung brachte Praktiker*innen und Wissenschaftler*innen zusammen, um ihre Erkenntnisse zu diesen Ansätzen, ihrer Anwendbarkeit sowie ihren Stärken und Schwächen zu teilen. Dabei ging es auch um Erfahrungen in Bezug auf Erfolge und Misserfolge, Akteur*innen aus unterschiedlichen Hintergründen und Kulturen mit verschiedenen Macht- und Weltbildern zusammenzubringen, um gemeinsam eine Vision für eine wünschenswerte, nachhaltige und gerechte Zukunft zu entwickeln.

Flyer der parallelen Arbeitssitzung.
Flyer der parallelen Arbeitssitzung.

Team

  • Projektkontakt

    Tatjana von Steiger
    Head of Global Policy Outreach

    Tatjana von Steiger, Head of Global Policy Outreach, Wyss Academy for Nature
    Projektkontakt